Verfahrensordnung des EGMR – Artikel 47

Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Artikel 471 – Inhalt einer Individualbeschwerde

1. Beschwerden nach Artikel 34 der Konvention sind unter Verwendung des von der Kanzlei zur Verfügung gestellten Beschwerdeformulars einzureichen, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt. Es muss alle in den jeweiligen Abschnitten des Beschwerdeformulars geforderten Informationen enthalten und folgendes angeben:

(a) den Namen, das Geburtsdatum, die Staatsangehörigkeit und die Anschrift des Beschwerdeführers und, sofern der Beschwerdeführer eine juristische Person ist, die vollständige Bezeichnung, das Datum der Eintragung oder Anmeldung, die offizielle Registrierungsnummer (sofern vorhanden) und die offizielle Anschrift;

(b) gegebenenfalls den Namen, die Anschrift, die Telefon- und Faxnummer sowie die E-mail-Adresse des Bevollmächtigten;

(c) sofern der Beschwerdeführer sich vertreten lässt, die Originalunterschrift des Beschwerdeführers mit Datum im Abschnitt Vollmacht des Beschwerdeformulars; ebenfalls im Abschnitt Vollmacht des Beschwerdeformulars die Originalunterschrift des Bevollmächtigten, mit der dieser bestätigt, dass er die Vertretung übernimmt; der Gerichtshof kann Kopien der Unterschriften oder andere Vollmachtsnachweise, die im innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien gültig sind, akzeptieren, wenn dem Gerichtshof zwingende Gründe für das Nichteinhalten der Vorgaben mitgeteilt werden und das Vollmachtsformular des Gerichtshofs mit den Originalunterschriften dem Gerichtshof binnen angemessener Zeit vorgelegt wird;

(d) den Namen der Vertragspartei oder der Vertragsparteien, gegen die sich die Beschwerde richtet;

(e) eine kurze und lesbare Darstellung des Sachverhalts;

(f) eine kurze und lesbare Darstellung der behaupteten Verletzung(en) der Konvention mit Begründung; und

(g) eine kurze und lesbare Darstellung, welche die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 35 Absatz 1 der Konvention durch den Beschwerdeführer belegt.

2.

(a) Alle Informationen, auf die oben in Absatz 1 (e) bis (g) Bezug genommen wird und die in den jeweiligen Abschnitten des Beschwerdeformulars anzugeben sind, müssen ausreichend sein, um den Gerichtshof in die Lage zu versetzen, die Art und den Umfang der Beschwerde ohne Rückgriff auf andere Dokumente zu bestimmen.

(b) Der Beschwerdeführer kann ergänzende Angaben zum Sachverhalt und sachdienliche Ausführungen zu den behaupteten Verletzungen der Konvention auf gesonderten Seiten machen, deren Umfang 20 Seiten nicht überschreiten darf.

3.1. Das Beschwerdeformular ist vom Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterschreiben, und die folgenden Unterlagen sind beizufügen:

(a) Kopien der Unterlagen, insbesondere der gerichtlichen oder sonstigen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf den Gegenstand der Beschwerde beziehen;

(b) Kopien der Unterlagen und Entscheidungen, welche die Feststellung erlauben, dass der Beschwerdeführer den innerstaatlichen Rechtsweg erschöpft und die in Artikel 35 Absatz 1 der Konvention festgelegte Frist beachtet hat;

(c) gegebenenfalls Kopien der Unterlagen, die andere Verfahren vor internationalen Untersuchungs- und Schlichtungsorganen betreffen;

(d) sofern der Beschwerdeführer eine juristische Person im Sinne von Artikel 47 Absatz 1 (a) der Verfahrensordnung ist, einen Nachweis darüber, dass die Person, die die Beschwerde erhoben hat, zur Vertretung des Beschwerdeführers befugt ist oder dazu bevollmächtigt wurde.

3.2. Ergänzende Unterlagen müssen nach Datum geordnet, fortlaufend nummeriert und deutlich gekennzeichnet werden.

4. Ein Beschwerdeführer, der nicht wünscht, dass seine Identität offengelegt wird, hat dies mitzuteilen und die Gründe darzulegen, die eine Abweichung von der gewöhnlichen Regel rechtfertigen, nach der das Verfahren vor dem Gerichtshof öffentlich ist. Der Gerichtshof kann dem Beschwerdeführer erlauben, anonym zu bleiben, oder von Amts wegen Anonymität gewähren.

5.1. Bei Nichteinhaltung der in Absatz 1 bis 3 dieses Artikels niedergelegten Verpflichtungen wird sich der Gerichtshof nicht mit der Beschwerde befassen, außer wenn

(a) der Beschwerdeführer ausreichend dargelegt hat, warum ihm die Einhaltung nicht möglich war;

(b) die Beschwerde einen Antrag auf Erlass einer vorläufigen Maßnahme beinhaltet;

(c) der Gerichthof von sich aus oder auf Antrag des Beschwerdeführers anders entscheidet.

5.2. Der Gerichtshof kann einen Beschwerdeführer jederzeit auffordern, innerhalb einer bestimmten Frist in geeigneter Art und Weise Unterlagen vorzulegen oder sonstige Angaben zu machen.

6.

(a) Für die Zwecke des Artikels 35 Absatz 1 der Konvention gilt als Datum der Beschwerdeerhebung das Datum, an dem ein Beschwerdeformular, das alle in diesem Artikel niedergelegten Verpflichtungen erfüllt, an den Gerichtshof gesendet wurde. Der Poststempel gilt als Versanddatum.

(b) Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass ein anderes Datum gilt, wenn er dies für gerechtfertigt hält.

7. Der Beschwerdeführer hat den Gerichtshof über jede Änderung seiner Adresse und jeden für die Prüfung seiner Beschwerde erheblichen Umstand zu informieren.

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1 Durch den Gerichtshof geändert am 17. Juni und 8. Juli 2002, 11. Dezember 2007, 22. September 2008, 6. Mai 2013, 1. Juni und 5. Oktober 2015 und 18. Januar 2024.